Aktenzeichen 1 U 422/15
Unfall auf dem Abreiteplatz!
Reiterin wird beim Vorbeigaloppieren vom Hufschlag eines schreckhaften Pferdes getroffen. Beide Tierhalter haften je zur Hälfte für den Schaden.
Bei einem Reitturnier ereignete sich auf dem Abreiteplatz ein Unfall. Vor der Springprüfung wärmte eine Reiterin ihr Pferd (Lu) auf und galoppierte an einem anderen Tier (N) vorbei. Der nervöse N erschrak und schlug nach hinten aus. Dabei traf das Pferd die Frau mit den Hufen am Bauch, an der Hand und an den Armen. Die Verletzungen waren so schwer, dass sie operiert werden musste.
Die Reiterin forderte vom Besitzer des schreckhaften Pferdes Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ihrer Meinung nach hätte sich N überhaupt nicht auf dem Abreiteplatz befinden dürfen, da das Tier schon mehrfach ausgeschlagen hatte. Der Tierhalter hielt dagegen: Sein Pferd trage deswegen eine gut sichtbare rote Schleife im Schweif. Die Reiterin sei einfach zu nah an N vorbeigeritten.
Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz mussten beide Tierhalter jeweils zur Hälfte für die Unfallfolgen aufkommen. Pferd N neige zwar zum Auskeilen. Aber die Reiterin habe zu dem Unfall gleichermaßen beigetragen, so das OLG: Sie habe das Unfallrisiko erhöht, indem sie sich N - der sich im Schritttempo bewegte — von hinten im Galopp näherte und ihn erschreckte. Ihr Pferd Lu habe also das Ausschlagen ausgelöst.
Einerseits habe sich das auskeilende Pferd unberechenbar verhalten und damit eine für Tiere charakteristische Gefahr verwirklicht. Andererseits müsse sich die Verletzte die Tiergefahr ihres eigenen Pferdes Lu anspruchsmindernd anrechnen lassen, das den Schaden mitverursachte.
Nach allgemeinen Gepflogenheiten im Reitsport sei der äußere Weg auf dem Reitplatz den Gangarten Trab und Galopp Vorbehalten. Pferde im Schritt müssten sich auf den inneren Bahnen bewegen, um die schneller Reitenden nicht zu behindern. Doch die Reiterin sei auf der Innenbahn galoppiert und habe N überholt, der auf dem äußeren Weg im Schritt gegangen sei. Das hätte für die Reiterin Anlass zu besonderer Vorsicht und großem Sicherheitsabstand beim Vorbeigaloppieren sein müssen, so entschied das Oberlandesgericht Koblenz.

