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Aktenzeichen 6 U 104/15
      Stute tritt Tierarzt!

Will ein Tierarzt ein krankes Fohlen in einer engen Box mit der Stute behandeln und wird getreten, muss er sich Mitverschulden anrechnen lassen.

Im April 2013 hatte ein Hobbypferdezüchter aus Bad Sassendorf einen Tierarzt aus Werl gerufen. Er sollte das drei Wochen alte Fohlen einer bisher ungeratenen Zuchtstute behandeln. Das Fohlen litt an Durchfall. Stute und Fohlen befanden sich in einer kleinen Box (3,18 x 3,15 m). Der Halter hatte die Stute mit dem Kopf zur hinteren Ecke gerichtet mit Halfter und Führstrick angebunden. 

Um das Fohlen von der Stute zu trennen, versuchte der Tierarzt zunächst vergeblich, dem Jungtier einen Halfter über den Kopf zu streifen. Daraufhin begab er sich etwa 1 m weit in den vorderen Teil der Box, um das Fohlen am Kopf zu fixieren. In diesem Moment drehte sich die Stute in Richtung Tür und trat aus; dabei verletzte sie den Tierarzt amOberschenkel. Er erlitt Frakturen, Muskel-, Kreuzband-, Gelenkkapsel- und Meniskusverletzungen, wurde operiert und stationär im Krankenhaus behandelt.Vom Halter der Stute forderte der Tierarzt 100 % Schadenersatz.

Ihm sei kein Mitverschulden anzulasten, so der Kläger vor dem Landgericht Arnsberg, weil er als Tierarzt aufgrund der Berufsordnung zur Behandlung des erkrankten Fohlens verpflichtet gewesen sei und dem Beklagten beim Ausführen des Fohlens aus der Box habe helfen müssen. Die Haftpflichtversicherung des Halters bot dem Tierarzt auf der Basis einer 50%igen Haftungsquote einen Vergleich an. Das lehnte der Tierarzt ab.


Der vom Kläger (Tierarzt) auf Feststellung der Schadenersatzpflicht erhobenen Klage gab das OLG Hamm unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 1/4 zulasten des Klägers statt. Der Tierhalter hafte, so das OLG, unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung für den Schaden, den seine Stute verursacht habe.


Dem Tierarzt sei jedoch ein Mitverschulden anzulasten. Vor dem Betreten der Pferdebox hätte er erkennen müssen, dass er in der kleinen Box an jeder Stelle vom Huf der erregten Stute habe getroffen werden können. Der Kläger hätte die Box nicht betreten dürfen. Ein Gutachter hatte dargelegt: Der Tierarzt hätte mit dieser Reaktion der Stute rechnen müssen. Um die Pferde zu trennen, hätte man Stute und Fohlen durch ein Hinaus- und Wiederhineinführen aus und in die Box voneinander trennen können, indem die Tür zwischen Stute und Fohlen geschlossen worden wäre. Dieses Vorgehen wäre zumutbar gewesen, es hätte die Verletzungsgefahr erheblich vermindert, so entschied das Oberlandesgericht Hamm.